Palais Royal
Theatermontage nach Georg Büchners Gesamtwerk
eine Produktion von theater VIEL LÄRM UM NICHTS | Uraufführung
Premiere:
27. Dezember 2024 | 20 Uhr
weitere Vorstellungen:
28.12. | 20 Uhr
31.12. SILVESTERVORSTELLUNG um 18:00
2. Januar bis 22. Februar 2025 immer Do-Sa | jeweils 20 Uhr
keine Vorstellung am 11. & 17. Januar
mit: Denis Fink, Danielle Green, Klara Pfeiffer, Leon Sandner
Regie: Arno Friedrich
Bühne & Kostüm: Claudia Karpfinger, Katharina Schmidt
Licht: n.n.
Assistenz/Dramaturgie: Christian Schmitz-Linnartz
Technische Einrichtung: Max Reitmayer
PALAIS ROYAL ist eine Montage von Texten und Motiven aus Georg Büchners 200 Jahre alten Gesamtwerk. Neu gedacht und nach Anwendbarkeit auf eine atomisierte Gesellschaft hinterfragt. Zutage tritt eine Gemeinschaft, für die alte Gewissheiten weggebrochen, eine Perspektive für die Zukunft jedoch noch nicht erkennbar ist. Überall Arbeit und ruhelose Automaten im festen Griff eines allumfassenden Produktionszwangs, aber das reicht uns nicht! "Es wurde ein Fehler gemacht, wie wir geschaffen wurden; es fehlt uns etwas, ich habe keinen Namen dafür-" Es treten auf: Leonce und Lena, Dantons Tod, Woyzeck, Briefe, Lenz, Schädelnerven und Barben, Lebens- und Staatsformen, moderne Arbeitsverhältnisse, Menschen und Objekte, Musik und die Frage nach dem Verbleib sozialer Gleichheit und Möglichkeiten für die Liebe. Ein poetischerTheaterabend über das Knarzen und Versagen der Auslaufmodelle aber auch über die Träume der jungen und gut geölten Maschinen.
"Ich begreife nicht, warum die Leute nicht auf der Gasse stehenbleiben und einander ins Gesicht lachen. Ich meine, sie müßten zu den Fenstern und zu den Gräbern heraus lachen, und der Himmel müsse bersten, und die Erde müsse sich wälzen vor Lachen" (Georg Büchner)
"O, die Welt ist abscheulich! An einen irrenden Königssohn ist gar nicht zu denken.“
"Das Spiel ist, was uns hält. Wollen wir ein Theater bauen?“
Georg Büchner ergreift im Ablauf weniger Jahre, praktische Medizin und theoretische Naturwissenschaft, Grundfragen der Metaphysik, der Erkenntnistheorie und der Naturphilosophie, Dichtung aller Grade und Arten, politisches Denken und Handeln. Verwirrende Fülle der Aktivitäten, der doch ein eigentlicher Mittelpunkt zu mangeln scheint. Wie aufgegriffen sieht das aus, um dann, nach kurzem Rausch, weggeworfen zu werden. Wohl scheint der jähe Abschluss dieses Lebens verhindert zu haben, daß sich der Ekel, die Absage an alles, was im Fluge aufgenommen wurde, allzu sichtbar schon nach außen hin kundtat. Nur der Bruch mit der Politik nach intensivstem politischem Wirken oder auch die Deklamation des müden, angeekelten, gelangweilten Prinzen Leonce scheinen mögliche Hinweise zu bieten. Hier ist das Ergreifen heterogenster Dinge zum Selbstzweck geworden, zum Spiel und Genuss an sich.
Stellt man die Frage nach den Leitmotiven im Werk Büchners, so läßt sich die Brücke zum Politischen nicht schlagen. Nicht vom Stofflichen der Dichtungen (vom Danton etwa abgesehen), erst recht nicht von ihrem Geistigen her ist die Verbindung herzustellen, die zum Hessischen Landboten und zu Büchners Schicksal als Revolutionär überleitet. Die philosophischen und fachwissenschaftlichen Studien verweigern sich solcher Synthese von Anbeginn an.
Auf die Frage nach der Einheit kommt alles an.
Geht es um das Für und Wider der jeweils herrschenden Gesellschaftsordnung, um Erhalten oder Verändern, so geht es sogleich auch um die menschliche Geschichte, um die Frage nach Freiheit oder Bindung menschlichen Denkens und Wollens, um die Möglichkeit, die Natur des Mitmenschen derart gestalten und beeinflussen zu können, daß sie aus den gegebenen Verhältnissen das Wünschbare herausmeißelt. Damit aber stehen Fortschritt und Freiheit (nebst den »Bedingungen ihrer Möglichkeit«, mit Kant zu sprechen) oder Kreislauf und Gebundenheit des menschlichen Handelns durch gegebene Determinanten. Die Frage nach dem Verhältnis von Geist und Materie, von "Bewusstsein und gesellschaftlichem Sein" ist gestellt. Es geht um Entscheidungen, die den Dichter, der ein Dichter der Menschen und des Menschlichen ist, ebenso angehen wie den Philosophen, wie den Wissenschaftler.
Das Gefühl, das die Zeit ihm eingab, war das mangelnder Festigkeit und Sicherheit. Was sich abspielte in Wirtschaft und Gesellschaft, Politik und Kunst, Philosophie und Technik, bot in allem ein Bild des Übergangs, der Zerstörung alter Verhältnisse, Einrichtungen und Dogmen, die man für unerschütterlich gehalten hatte, - und völligen Dunkels, der Fragwürdigkeit und der Unsicherheit als Ausblick in die Zukunft. Die Generation lebte im Bewusstsein des »Provisorischwerden aller Verhältnisse«.
Wenn aber weder Stabilität noch offener Kampf für oder wider den Umsturz der Tagesordnung zugeschrieben wurde, wenn nicht einmal klar ist, welche Veränderung in den bestehenden Zuständen möglich oder auch nur wünschenswert ist, dann entsteht ein Gefühl der Haltlosigkeit. Man sucht nach dem Ausgang aus einem Gebäude, dessen Grundpfeiler allenthalben geborsten sind; man fürchtet die Richtung zu verfehlen, sieht aber nirgendwo eine klare Richtung. Man zweifelt am Sinn seines Lebens, denn im Provisorischen kann man nicht geruhig leben. So entstehen Epochen, aus denen dem Nachfahren so oft der Ruf der allgemeinen Lebensangst entgegenhallt. Daher jene Philosophien und Dichtungen der Monotonie und Langeweile, ungezählte Beschreibungen des Seelenzustandes innerer Leere, eines Daseins ohne Richtung und Inhalt, auf der Jagd nach seelischen Sensationen, um die innere Leere zu übertönen, wie sie sich allenthalben in den Zeugnissen jener Generation finden, bei den Franzosen wie den Deutschen, den Engländern wie den Russen oder Spaniern. Eine Generation fragt sich, wozu und wohin sie lebt - und die Frage bleibt unbeantwortet.
Georg Büchner starb am 19. Februar 1837. Er hat französische und deutsche Zustände gesehen und zu verstehen versucht. Was er dort sah, war allenthalben Zusammenbruch, Übergang zu neuen Kämpfen. Ausweg und Lösung der Konflikte vermochten ihm Raum und Zeit nicht zu geben. Im Zeichen dieses Antagonismus steht Büchners gesamtes Denken, Fühlen und Schaffen. In dieser Begrenzung ist sein Werk folgerichtig bis zum Ende, ist es Vollendung. Die gleiche Schranke aber macht es zum Fragment.
(aus "Georg Büchner und seine Zeit“ von Hans Mayer, Suhrkamp Verlag)
Ensemble
DENIS FINK
Theater-Clown. Schauspieler. Seit 1991 auf Veranstaltungen aller Art unterwegs. Fügt immer mehr zum Programm hinzu. Besucht Workshops, 2 Jährige Clownsschule in Ludwigsburg, dann 3 jährige Schauspielausbildung in Stuttgart. Arbeitet an vielen Theatern in Baden-Württemberg und Bayern. (Siehe Website) Seit 2013 im Ensemble des theater VIEL LÄRM UM NICHTS, zuletzt bei der deutschsprachigen Uraufführung von Matei Visniecs „Briefe an Bäume und Wolken“ (Regie: Arno Friedrich) und der Adaption von Schillers „Don Karlos“ (Regie: Andreas Seyferth)
KLARA PFEIFFER
Klara Pfeiffer wurde 1991 in München geboren. Bereits vor und während ihres Schauspielstudiums an der Otto-Falckenberg-Schule stand sie im Residenztheater München auf der Bühne. Ihr Studium schloss sie 2015 ab und trat ihr erstes Festengagement am Theaterhaus Jena an. Weitere Stationen führten Klara Pfeiffer an das Theater an der Parkaue Berlin sowie an das Mainfrankentheater Würzburg. Seit 2020 arbeitet sie als freischaffende Schauspielerin. In der Spielzeit 2022/2023 war sie in „Der Verschollene (Amerika)" am Alten Schauspielhaus Stuttgart, 2024 als Senga Quinn in „Die Tanzstunde" am Schauspiel Stuttgart und zuletzt mit Nico and the Navigators im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin in „Ein Volksbürger“ zu sehen.
DANIELLE GREEN
geboren 1988 in Exeter/England, absolvierte 2011 ihr Schauspielstudium am Hamburger Schauspielstudio Frese. Bereits während ihres Studiums wirkte sie bei der Hamlet-Inszenierung von Luk Pervecal am Thalia Theater Hamburg mit, anschließend in Percevals Inszenierung von "Macbeth" (Ruhrtriennale 2011). In den Spielzeiten 2011/12 und 2012/13 führten sie freie Engagements an die Hamburger Kammerspiele, an das St Pauli Theater Hamburg, das Altonaer Theater, zu den Burgfestspielen Bad Vilbel und an das Theater St Gallen. In den Spielzeiten 2013/14 bis 2015/16 war sie festes Ensemblemitglied am Theater St Gallen. Seit 2016/17 ist sie freischaffend unter anderem am Theater Paderborn in "Gott wartet an der Haltestelle" (Inszenierung Martin Schulze) und in "Das brandneue Testament" in der Inszenierung von Katharina Kreuzhage. Darauf war sie an den Münchner Kammerspielen in "Oratorium" von She She Pop zu sehen und am Theater und Orchester Heidelberg, sowie an der Schauburg München. Im theater VIEL LÄRM UM NICHTS war sie zuletzt 2023 in Margrit Carls & Andreas Seyferths Adaption von Schillers Don Karlos zu sehen.
LEON SANDNER
absolvierte von 2017 bis 2020 seine Schauspielausbildung an der Neuen Münchner Schauspielschule. Während des Studiums spielte er u.a. für die Europäische Janusz Korczak Akademie oder die französische Partnerschule in Montpellier "La Companie maritime" . Im Sommer ’21 war er für das Bellevue di Monaco in dem Commedia dell‘ arte Stück "Zauberflöte – Commedia in Movimento" aktiv. Im September 2022 führte ihn sein Weg im Rahmen des Utopia-Festivals für "Frankenstein" nach Straubing. Leon Sandner ist Mitglied des Theaterkollektivs "Theater im Zwielicht", mit dem er inzwischen 3 Stücke geschrieben und auf die Bühne gebracht hat, zuletzt "La Vie immortelle" . Seit Herbst 2021 Hofspielhaus München mit "Switzerland", "2 Männer ganz nackt", "Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)", "Kunst" oder auch „ "Loriots dramatische Werke". Außerdem ist Leon Sandner mit eigenen Comedy-Texten auf den OpenMic-Bühnen Münchens unterwegs. 2016 gewann er den Nachwuchspreis des Kabarettkaktus.