Shakespeare
Premiere: 22. Mai 1986
Regie: Andreas Seyferth Übersetzung: Margrit Carls Musik: Matthias Retzer Licht: Claus Vester Technik: Albert Lochmann
mit
DON PEDRO, Prinz von Aragon
CONRAD, Don Johns Gefolgsmann
Hansjörg Tarantik
DON JOHN, Bastard
ANTONIO, Leonatos Bruder
BALTHASAR, Diener Don Pedros
Dietmar Mössmer
CLAUDIO, Graf von Florenz
WACHE
Jürgen Blaschke
BENEDIKT, Graf von Padua
BORACHIO, Don Johns Gefolgsmann
Walter von Hauff
LEONATO, Gouverneur von Messina
HOLZAPFEL
Rudolf Waldemar Brem
HERO, Leonatos Tochter
SCHREIBER
Birgit Büscher
BEATRICE, Leonatos Nichte
SCHLEHWEIN
Margrit Carls
MARGARETE, Heros Kammerfrau
PATER FRANZISKUS
WACHE
Ursula Sawallisch
PRESSESTIMMEN
Im Westen viel Neues Werde ich derzeit nach einer besonders empfehlenswerten Theateraufführung gefragt, so schicke ich alle Neugierigen gen Westen, in die Ritterwerke, direkt am S-Bahnhof Pasing. Shakespeare höchstpersönlich muss hier kurz vorbeigeschaut oder zumindest einen sprühenden Funken gesandt haben, denn witziger, tempo- und geistreicher haben bisher wohl nur wenige seine Komödie "Viel Lärm um Nichts" in Szene gesetzt. Der Meisteranimator heißt Andreas Seyferth und erinnert in seiner lustvoll-actiongeladenen Regiearbeit an Wolfgang Müller und seine Truppe. [...] Ein Volksbelustigungsspektakel edelster Güte! [...] Viel Lärm um viel. Heidi Rauch
Acht Asse in den Ritterwerken [...] Bezaubernde Burleske, die den Zuschauer bis zur letzten Sekunde gefangen hält. Regisseur Andreas Seyferth hat alle Register gezogen, um Spannung, Witz und Zeitbezogenheit zu erzeugen. [...] Heftigen Applaus auch für die Verwandlungskünste der Schauspieler. [...] Stephan Güpping
Phantastisch: Shakespeare in den Ritterwerken! Münchner Wochenblatt
Das hätte auch Shakespeare gemacht haben können Gelungenes Komödienspektakel in den Ritterwerken vor begeistertem Publikum. Gewiss keine verlorne Liebesmüh: Sie, die neue Stadtteilkultur schimmert wirklich hoffnungsfroh im altvertrauten Pasing. Das erste Indiz für eine bemerkenswerte Theateraufführung verbirgt sich in der Neuübersetzung durch Margrit Carls. Sie aktualisierte den Text, indem sie überkommene Sprachbilder durch gebräuchliche ersetzte, klassische Hochsprache mit Dialekt auflockerte. [...] Kaum ein Staatstheater kennt mehr Raum zu Bewegung. Die Schauspieler, die aus vier verschiedenen Bühnenöffnungen hervorschnellten, umspülten förmlich die überraschten Bürger aus dem Münchner Westen. Andreas Seyferth wollte absichtlich "kein Guckkastentheater" errichten. Die "Nähe zum Publikum wie zu Shakespeares Zeiten" ist das Motto. [...] Robert Blume
Der Westen soll leuchten [...] Seit die selbstständige Kleinstadt Pasing von Hitlers Hauptstadt der Bewegung gefressen wurde, seit München über die Laimer Felder zur Würm wucherte und Pasing als Vorstadt veeinnahmte, seit schließlich in den siebziger Jahren die PA-LI-Lichtspiele den lautlosen Kinotod starben, ist ganz Pasing zur kulturellen Steppe geworden - mit S-Bahn-Anschluss zur Innenstadt - geworden. Ganz Pasing? Nein! [...] Direkt am Pasinger Bahnhof, in einigen Räumen der Ritterwerke, wo bis vor vier Jahren Haushaltsgeräte produziert wurden [...] will der Regisseur Andreas Seyferth, unterstützt von dem Verein "Bürger im Münchner Westen", Theater machen. Vorerst darf er nur bis zum 5. Juli: Danach will der Stadtrat über die weitere Zukunft des Geländes beschließen. [...] Dafür muss Shakespeare herhalten. Seyferth hat "Viel Lärm um Nichts" inszeniert, und zwar in dem Geist, in dem es sicher der Meister selbst einmal seinen Nachbarn in Southwark präsentiert hat: als respektlose, derbzotige Boulevard-Plotte mit viel Witz und wenig Aufwand.[...] Acht Schauspieler hasten von Dialog zu Dialog, von Rolle zu Rolle, von Auftritt, Abtritt zum Kleiderwechsel, sprechen krachendes Bairisch, knödelndes Kölsch, Deutsch von heute und gestern im wilden Durcheinander - die hauseigene Übersetzung (Margrit Carls) rumpelt in lustvoller Unbekümmertheit über alle philologichen Feinheiten hinweg zum Happy-End der Doppelhochzeit. Nein, Linie hat diese Aufführung nicht, dafür Ideen und ein irrwitziges Tempo. Und darauf kommt es bei einer Komödie an. Jan Bielicki
Spaß in Pasinga Von Andreas Seyferth ideenreich-witzig arrangiert, durch die modern-lockere Übersetzung von Margit Carls nicht nur aktualisiert, sondern zum Teil ziemlich progressiv modernstem Sprach"styling" angepasst. Treffender Gegenwartsbezug auch durch die Kostümierung und Typisierung der Personen - optimale Bühnennutzung mit einer allgemein bemerkenswert auffallend zügig-schwungvollen Spielbegeisterung. Ein Stück in Doppelrollenbesetzung - also doppelte Chance, Können zu zeigen: Sie wird von allen genützt in einer mitreißenden, das Publikum einbeziehenden Darstellung. [...] Begeisterter Publikumsapplaus! Angelika Fannrich
[...] Nur die Neuübersetzung durch Margrit Carls ist teilweise ärgerlich. [...] Alexandra Massow
Tatort Pasing: Rauhbeine holen sich Shakespeare Das eine hat mit dem anderen scheinbar nichts zu tun, aber natürlich doch. Der Schauspieler und Regisseur Andreas Seyferth, selbst ein Pasinger (Neu)Bürger, machte sich Gedanken über das kulturelle Ödland (nix Theater, nix Kino) der westlichen Vorortgemeinde - und wurde zum Pfadfinder für die theatralische Erschließung der Ritterwerke. [...] Das Spiel um Bruderhass, Liebe und Verleumdung hat Seyferth inszeniert als frisches Rauhbeintheater, bei dem das Publikum unzimperlich einbezogen und angemacht wird. Volkstheater richtig: Das Volk sitzt beidseits der requisitenlosen Laufstegbühne, deren einzig fester Ort die (vorhandene) Tragestütze ist: Kletterbaum, Versteck, Schreibpult, Ruhebank. Ein witziger Prolog erfindet Shakespeares Reise von Dänemark nach Verona, mit Zwischenstation in der gerühmten "Villa Pasinga". Na, so was: Shakespeare war in Pasing! Höchste Zeit, ihn hier 400 Jahre später auch zu spielen. [...] Als nölende Hutganoven sind Walter von Hauff und Jörg Tarantik der Witz des Abends. Ihre bezahlten Maullügen werden aufgebracht ausgerechnet von den umwerfend dummen Ordnungshütern - eine himmelschöne, happy-endliche Tatort-Geschichte aus Shakespeares Feder. Nicht feingeschliffen, dafür konsequent ungebürstet inszeniert von M (München) bis P (Pasing). Ingrid Seidenfaden
Fotos von Jürgen Winzeck