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DER HOFMEISTER

oder Vorteile der Privaterziehung

Jakob Michael Reinhold Lenz

Premiere: 14. Mai 1992


Regie:Eos Schopohl

Regieassistenz:Markus Hummel

Bühne:Annabelle Pörtner

Musik:Michael Öchsner



mit

HERR VON BERG, Geheimer Rat

SCHÖPSEN, ein Barbier

Eckart Neuberg

DER MAJOR, Bruder des G. R.

FRITZ VON BERG

Andreas Seyferth

GRAF WERMUTH

PÄTUS, Student

Marcus Off

BOLLWERK, Student

WENZESLAUS, ein Schulmeister

Rainer Guldener

LÄUFFER, ein Hofmeister

Matthias Grundig

DIE MAJORIN

GUSTCHEN, ihre Tochter

LEOPOLD, Junker des Majors, Kind

LISE

Margrit Carls

sowie

Astrid Polak



Die Gefühlsader

ist in fast allen Menschen gleich,

nur ist die Hülle mehr oder weniger dicht,

durch die sie brechen muss.

Man muss nur Aug und Ohren dafür haben.

Georg Büchner, Lenz


WENZESLAUS

Liegt Euch was auf dem Gewissen?

Sagt mir 's. - Ihr blickt so scheu umher, dass es einem

ein Grauen einjagt; frigidus per ossa - Sagt mir, was ist 's? -

Als ob er jemanden totgeschlagen hätte - Was verzerrt ihr denn

die Lineamenten so -

LÄUFFER

Bleibt - Ich weiß nicht, ob ich recht getan -

Ich habe mich kastriert ...

WENZESLAUS

Wa - Kastriert - Da mach ich Euch meinen

herzlichen Glückwunsch, vortrefflich, junger Mann!




PRESSESTIMMEN


Zuckendes Stroboskoplicht. Und da erscheint er, auf hohen Plateausohlen, im lila Lurex-Pumphöschen mit Strapsen: der Disko-King des Sturm und Drang, Graf Wermuth (Marcus Off). Aus Verbeugungen und Kratzfüßen macht er höfischen Breakdance. Pfauenhaft stelzt er durch die Szene, schwingt gespreizt und affektiert seinen Stock, schlägt neckisch die Beine übereinander. Die langnasigen Gestalten in Eos Schopohls Inszenierung von Lenz' "Hofmeister" sind Knallchargen. Skurrile, lachhafte, überzeichnete Figuren turnen in der Pasinger Fabrik über die laufstegartige Bühne.[...] Väter und Söhne entzweien und versöhnen sich; Guste geht ins Wasser (und wieder heraus), der Hofmeister kastriert sich. Eos Schopohl hat ganz richtig eine schwungvolle Komödie daraus gemacht. [...] Ein Herr-und-Knecht-Drama ist 's: Fast gewaltsam reißt man dem Hofmeister seine bunte Studententracht herunter und steckt ihn in die Lakaienuniform. Die Majorin (herrlich schnöselig näselnd: Margrit Carls) geht ihm zwar an die Wäsche, aber mitreden, wenn Standespersonen parlieren, darf er nicht. Der Gebildete als Domestik des dummen, auschweifenden Adels. Matthias Grundigs Hofmeister zuckt und zittert, krümmt und windet sich. Mit weit aufgerissenen Augen und starrem Blick leidet er unter seinem militaristisch-leutseligen Dienstherrn (Andreas Seyferth) und unterwirft sich doch - dessen Geldbeutel. Ein Generationskonflikt ist 's auch. Selbst Eckart Neubergs aufgeklärter Geheimrat Berg gehört noch zur Pappnasen-Fraktion. Rotlippig, spitzstimmig und zierlich trippelnd preist er die Vernunft und lässt Sohn Fritz im Schuldturm sitzen. [...] Zwischen kindlicher Naivität und sexueller Neugier schwankend, zeigt Margrit Carls als Guste die Verwirrung der Pubertät. Lenz zum 200. Todestag entstaubt! prinz - Christiane Wechselberger


Was sich da im Laufe des Abends unter der Regie von Eos Schopohl auf diesem Steg, in den Klappen und dahinter entfaltet, ist wundervoll dichtes und witziges Theater. [...] Das verdient schon Bewunderung, wie hier eine doch sehr komplexe und komplizierte Angelegenheit auf die Bühne gebracht wird ohne große Mittel. [...] Parallelhandlungen teilweise, die gleichzeitig ablaufen, sich aber doch wie mehrstimmige Bachsche Fugen ineinander verschränken [...] Einfälle über Einfälle [...] Und wenn sich die erste Zuschauerohnmacht ein wenig verzogen hat, stellt sich von selbst die traurige Frage, wann zum letzten Mal so viel Theaterspaß, Regieintelligenz, Spielfreude am Stück zu erleben war. Ein Ereignis! applaus - Thomas C. Becker


Das ist, potz Mordio, kein leichter Brocken, den sich das Theater Viel Lärm um Nichts da zugemutet hat. Die Regisseurin ist denn auch prompt an Lenz' ausschweifender Komödie gescheitert - obwohl sie ein paar gute Einfälle und sieben vortreffliche Schauspieler vorweisen kann (herausragend: Rainer Guldener als Schulmeister Wenzeslaus). SZ - Christine Dössel


Matthias Grundig - ein hinreißender Schmusepeter, überzeugend auch als verzweifelter Sünder - und die immer transparent spielende Margrit Carls zeigen da wohl Lieb und gesellschaftlich verursachtes Leid. Ansonsten wird die schräge Laufstegbühne jedoch zur Vorzeige-Promenade für polternde Chargenszenen (Andreas Seyferth als Major), moralische Zeigefinger (Rainer Guldener in der undankbaren Rolle des Dorfschulmeisters), Historisch-Maniriertes (Eckart Neuberg als exakt näselnder Geheimrat) und Commedia dell'arte zumindest in den Pappnasen-Masken. Immer mal wieder schöne Momente - aber wenig zu Herzen gehende Aussage. Münchner Merkur - Malve Gradinger



Szenenfotos von Oda Sternberg

Flyerfotos: Janine Guldener


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