Pavel Kohout
Premiere 29. Dezember 2018
mit
Denis Fink | Judith Bopp | Marion Niederländer | Andreas Seyferth | Alexander Wagner
und
Marcus Tronsberg (Livemusik)
Regie Sven Schöcker
Regieassistenz Johanna Krause
Bühne Peter Schultze
Kostüme Johannes Schrödl
Lichtdesign Jo Hübner
Technik Max Reitmayer/Bogdan Domanskyy
Flyer Martina Körner
Deutsch von Lucie Taubovà
"Ich komme mir schon seit geraumer Zeit wie ein dummer August vor, der hinter dem Vorhang wartet, in die Manege gerufen wird, vom Herrn Direktor eine Ohrfeige einsteckt, sich verbeugt und verschwindet um weiterzumachen!"
Pavel Kohout 1966
August (Vorname) August (Nachname), August (Beruf), möchte so schrecklich gerne Lipizzaner dressieren. Sein Lebenstraum! Eine Paradenummer, die allerdings exklusiv dem Herrn Direktor vorbehalten ist. Doch für diesmal will der nicht so sein: August muss drei Bedingungen (der Sorte unerfüllbar - zumindest für einen August) erfüllen, dann darf er ran. Das für den Direktor Undenkbare wird Wirklichkeit: August, der "kleine Mann" mit der unglaublichen Phantasie und einer gehörigen Portion Selbstvertrauen, bewältigt die Aufgaben! Doch noch viel undenkbarer ist, dass der Direktor ihn nun einfach gewähren lässt...
Eine Parabel mit Gültigkeit für alle Orte und Zeiten, zu denen mächtige Zirkusdirektoren die Auguste am Nasenring durch die Manege führen. Und eine Feier der menschlichen Kreativität, die der Macht immer wieder Schnippchen schlägt - bis zu dem Punkt, an dem sich die Macht gezwungen sieht, ihr wahres Gesicht zu zeigen...
Uraufgeführt im Mai 1967 in Prag.
Pavel Kohout wurde am 20. Juli 1928 in Prag geboren. 1946 trat er in die Kommunistische Partei ein, 1969 wurde er ausgeschlossen. Gemeinsam mit dem späteren Präsidenten der ČSR, Václav Havel, verfasste er 1977 das Gründungsdokument der Bürgerbewegung Charta 77. Für seine Teilnahme an dieser Bürgerinitiative hat man ihn im Jahr 1977 gemeinsam mit seiner Frau Jelena Mašínová seiner Wohnung in Prag zwangsweise verwiesen, im Jahr 1979 gegen seinen Willen nach Österreich abgeschoben, und ihm die tschechische Staatsbürgerschaft aberkannt. Im folgenden Jahr erhielt er die österreichische Staatsbürgerschaft, im Jahr 1990 bekam er die alte zurück. Heutzutage ist er Staatsbürger zweier Mitgliedsländer der Europäischen Union. Er lebt,
arbeitet und wählt sowohl in Prag als auch in Wien.
Im Jahr 1969 wurde er für sein Theaterstück August August, August als "Dramatiker des Jahres" mit dem österreichischen Theodor-Czokor-Preis ausgezeichnet.
(nach: http://www.pavel-kohout.com)
Ist August dumm?
August ist schrecklich liebenswert. Und ein Magier: Er kann Puppen Leben einhauchen und spielend Kinder machen. Ist mit Haut und Haaren den Lipizzanern verfallen! Was er nicht begreift: Dass es Grenzen für ihn geben soll. Grenzen, die Zirkusdirektoren sich ausgedacht haben. Aber woher, bitteschön, soll ein August wissen, was ein Direktor im Kopf hat? Dinge wie: Wenn alle alles dürften, sei der Direktoren-Nimbus dahin? Das zu verstehen, ist August tatsächlich zu "dumm". Was ihm auch nicht in den Sinn kommt: Dass man ihn "vorführt". Dass alles, was er tut, um seinen Lebenstraum wirklich werden zu lassen, der Bespaßung des Publikums dient. All die Schikanen - damit andere über ihn lachen? Unvorstellbar für August. August vertraut nämlich. Auf sich, auf die Seinen, auf alle. Voller Vertrauen lässt er sich nicht nur vorführen, sondern auchverführen, nämlich den Traum des "großen Mannes" zu träumen. Das ist sicher nicht besonders schlau.
Verdient er deshalb unseren Spott?
Was sollte auch sein, wenn die Auguste den Direktoren und Direktoren-Schergen, die hier Stallmeister heißen, auf die Schliche kämen? Sollten die Auguste dann etwa kündigen? "Ihre Zelte abbrechen"? Und worüber sollten wir dann noch lachen? Nein: Lasst die Auguste, wo sie sind! Lasst sie davon träumen, "Lizzipaner zu frisieren": Das Ende ist grausig - aber wenigstens können wir mitleiden...
PRESSESTIMMEN
.. Es war ein kurzweiliger Abend mit sehr gut agierenden Darstellern, die bei aller Traurigkeit, die uns das Schicksal des "armen Augusts" immer und immer wieder aufs Neue vermittelt, Lachen machte. Und Lachen ist, zumindest temporär, ein probates Mittel gegen Geschichtspessimismus. Wieder einmal ist es dem Theater Viel Lärm um Nichts gelungen, besonderes Theater zu machen, es war heiter-düsteres Theater innerhalb größtmöglicher gesellschaftskritischer und somit auch trauriger Dimensionen...
theaterkritiken.com / Wolf Banitzki
(AZ)
(Münchner Merkur)
(Münchner Feuilleton)
(In München)
Fotos: Hilda Lobinger